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KLASSIK
C D s
| NEUES
AUS
DER
MUSIKWELT
Robert Schumann
FANTASIE OP. 17.
SYMPHONISCHE ETÜDEN OP. 13
Naum Grubert (Klavier)
Piano Classics/Revema CO
(67)
Naum Grubert, ein
1 9 5 1
in Riga ge-
borener und in Amsterdam (ebender
und lehrender Pianist, ist in deut-
schen Landen nahezu unbekannt.
Oer Tschaikowsky-Preisträger von
1 9 7 8
spielte beim Label Ottavo
Schubert-Sonaten sowie ein Liszt-
Album ein, seine aktuelle CD bei Pia-
no Classics vereint zwei hochvirtuo-
se Schumann-Werke: die Fantasie
op.
17
und die Symphonischen Etü-
den op.
1 3
.
Oie vielgestaltigen Charaktere der
Fantasie profiliert Grubert farben-
reich und mit viel Liebe zum Detail,
dennoch verliert der Lette nicht den
Überblick, die große Linie bleibt
stets gewahrt. Der erste Satz der
Fantasie beginnt mit einer patheti-
schen Phrase in kraftvollem Fortis-
simo, die piano wiederholt wird und
nach Moll ausweicht. Eine selbstbe-
wusst auftrumpfende Geste ver-
wandelt sich so in der Wiederholung
in Wehmut. Grubert gelingt es, die-
sen Stimmungswechsel so intensiv
und Gänsehaut erzeugend darzu-
stellen, dass man zunächst gar nicht
merkt, wie fabelhaft das alles auch
handwerklich realisiert wird. Phä-
nomenal ist ebenfalls seine Darstel-
lung des dritten Satzes. Wie eine
Quelle in großer Tiefe murmeln die
Begleitfiguren, über die sich eine j
singende Oberstimme erhebt. Gru- j
berts Farbenzauber und Klangkon- ]
trolle erinnern hier an große Namen
wie Krystian Zimerman und Daniel !
Barenboim.
Auch in den Symphonischen Etü-
den überzeugt sein Spiel. Dyna- I
misch exzellent ausbalanciert into- :
niert er das Thema, mit elfenhafter j
Leichtigkeit nimmt er die Variation
Nr.
5
, und kraftvoll-orchestral mit le- j
bensbejahender Freude stürzt er j
sich ins Finale.
Mario-Felix Vogt
j
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANGWWWWW
Alban Berg, Franz Liszt u. a.
PRECIPITANDO
Denes Värjon (Klavier)
ECM/Umversal CD
Unter dem Titel „Precipitando“ kop-
pelt Denes Värjon drei Werke, die in
ihrer Entstehungszeit auf unter-
schiedliche Weise „voranstürzend“,
zukunftsweisend waren - eine eher
seltene Vortragsbezeichnung für
ein nicht alltägliches, aberattrakti-
ves und durch einen ausführlichen
(nur englischen!) Begleittext von
Paul Griffiths kompetent erläuter-
tes Programm.
Den Auftakt bildet eine pianis-
tisch hochrangige Interpretation
von Alban Bergs Opus
1
, die durch
Klangfülle und Sensibilität fesselt
und von Värjon stilistisch zwischen
den „klassischen" Darstellungen
eines Brendel oder Pollini und der
verinnerlichten
Sicht
Mitsuko
Uchidas positioniert ist. Überzeu-
gend auch seine Wiedergabe der
vier Janäcek-Stücke („Im Nebel“)
von
1 9 1 2
, für die er eine gute Ba-
lance zwischen folkloristischer
Schlichtheit und drängendem Es-
pressivo findet.
Nicht so eindeutig positiv fällt
das Urteil über die Liszt-Sonate
aus, das Hauptwerk der CD. Zwar
ist auch hier ein entschiedener In-
terpretationswille erkennbar. Doch
gleich die pochenden Anfangstö-
ne kommen uncharakteristisch
weich, die Oktaven des Allegro-
Auftakts wirken verkorkst, und im
Weiteren scheint Värjon das „pre-
cipitando“ des Plattentitels allzu
wörtlich genommen zu haben.
Sein Spiel stürzt zwar stürmisch
voran, doch leidet darunter gele-
gentlich die Klarheit der Formulie-
rungen. Themen klingen nicht op-
timal prägnant, und die einkom-
ponierten Turbulenzen des Passa-
genwerks werden durch Hast und
minimale Unschärfen „überhöht“
- worüber auch das opulente
Klangbild höchstens beim ersten
Hören hinwegtäuschen kann.
Ingo Harden
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ * ★ ★ ★
: Ludwig van Beethoven
STREICHQUINTETTE
Leipziger Streichquartett, Barbara Buntrock
j
I
MDG/Codsx CD
(67)
j
; Beethovens Partitur ist nur die Stein-
\
l
tafel, in die das Leipziger Streich- ;
quartett seine spektakuläre Inter- !
j pretation meißelt. Die Finalsätze ;
! sprudeln vor Energie und Leiden- i
i Schaft, da schnarren schon mal die j
Bögen und klappern die Griffbretter,
: und im Hintergrund hört man die j
; Musiker laut atmen. Das irritiert j
l zwar manchmal, aber die Aufnahme j
: wird sehr lebendig. Wenn Matthias !
i Moosdorf mit dem Cello einsetzt, j
! dröhnt es bedrohlich. Das Quartett j
; präsentiert Beethoven, v/ie er auf i
I Porträts oft dreinblickt: wild, ernst, j
mit Schalk und einer Prise Wahnsinn
j im Nacken.
Oie Pflüger
i
; MUSIK ★★★★■<
I KLANG
BLACK SWAN FANTASY
Nikolai Tokarev (Klavier)
Sony CD
(64')
Nikolai Tokarevs neue CD entführt
den Hörer in die Zauberwelt des Bal-
letts. Geschickt hat sich Sony an den
Kinoerfolg
des
Psychothrillers
„Black Swan“ herangehängt und
präsentiert seinen Klavierstar in der
Pose des schwarzen Schwans, der
sich ganz kunstvoll grazil, aber auch,
in den Reptillederstiefeln zum Aus-
druck kommend, triebhaft dunkel
und gefährlich gibt.
Korrespondierend zur schönen
Verpackung der CD hat sich Tokarev
ganz auf Klaviertranskriptionen von
Balletten konzentriert: die drei gro-
ßen Werke von Tschaikowsky, arran-
giert von Paul Papst, Michail Pletnev
und Alexander Rosenblatt, Igor Stra-
winskys gefürchtete „Trois Mouve-
ments de Petrouschka“ und Chat-
schaturjans „Säbeltanz“ als bra-
chialer Abschluss.
Doch welche imaginäre Hörbühne
bietet nun dieser opulent in Szene
gesetzte Tastenvogel? Bereits die
Einleitung zu Papsts „Dornröschen-
Fantasie“ wirkt seltsam verhuscht
und farblos, das noble Thema wird
nicht frei strömend entfaltet, son-
dern von den Begleitfiguren fast
übertönt. Was hier fehlt, ist ein wirk-
licher Gestaltungswille. Tokarev
wirkt unkonzentriert, und es gelingt
ihm deshalb auch nicht, den Zauber
aus Pletnevs „Nussknacker-Suite“
zu entlocken. Natürlich ist seine
technische Leichtigkeit stets be-
wundernswert, mit der er auch Ro-
senblatts lärmend-banale „Schwa-
nensee“-Suite einigermaßen erträg-
lich macht. Strawinskys „Petrusch-
ka“ ist pianistisch überzeugend
sicher, aber eben nicht souverän ge-
meistert, sondern nur schnell ge-
spielt. So recht will sich hier also die
große Gefühlswelt des Tanztheaters
nicht einstellen: Vielleicht, weil sich
der stolze Pin-up-Schwan musika-
lisch in ein nervöses Blässhuhn ver-
wandelt hat?
Frank Sieberl
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
132 STEREO 3/2012
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ * ★ sehr gut I ★ ♦ ★ s o lid e I ★ * problematisch I * schlecht